Der Luxus der vorsätzlichen Ignoranz: Die Migrationsdebatte
So genannte „Luxury Beliefs“ hindern viele Menschen aus Mittel- und Oberschicht daran, der Realität ins Auge zu blicken. So auch bei der Migrationsdebatte.
Ein Kommentar zu „Berliner Feuerwehr und Polizei schockiert von ‚massiven Angriffen‘ in der Silvesternacht“ (veröffentlicht im Tagesspiegel am 1. Januar 2023)
Der amerikanische Psychologiedoktorand Rob Henderson entwickelte vor einigen Jahren das Konzept der Luxury Beliefs: die Theorie, dass bestimmte Ideen oder Überzeugungen der Oberschicht dazu dienen, ihren eigenen Sozialstatus aufzupolieren, während diese Überzeugungen vor allem zu Lasten der Unterschicht gehen.1 Diese „Luxusansichten“ – so möchte ich sie mal auf Deutsch nennen – sind vor allem Meinungen, die die eigene Tugend und Moralhaftigkeit zur Schau stellen. Allerdings können sich diese Ansichten nur diejenigen leisten, die selbst bereits einen gewissen sozioökonomischen Status haben, während sozial schlecht gestellte Leute sich diese Ansicht oft nicht leisten können und dementsprechend nicht teilen.
Ein einfaches Beispiel zur Veranschaulichung ist etwa die Ansicht, dass man nur Bioprodukte und Biofleisch kaufen solle, um Umwelt und Tiere zu schützen. Menschen aus gut situiertem Milieu können sich diese Luxusansicht leisten, denn es macht ihnen nichts aus, für ein halbes Kilo Bio-Tomaten oder Bio-Rindfleisch das Doppelte zu zahlen. Sie gewinnen durch ihre Überzeugung („Ich esse nur Bio!“) an Ansehen und Status, da sie moralische Überlegenheit demonstrieren und grenzen sich somit von Menschen mit niedrigem Einkommen ab, die sich diese Luxusansicht nicht leisten können, da sie oft erstmal schauen müssen, wie sie Essen auf den Tisch bekommen. Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir beispielsweise höhere Lebensmittelpreise fordert, mag die Intention dahinter – faire Entlohnung für Bauern sowie Umwelt- und Tierschutz – gut gemeint sein, doch sie blendet die finanzielle Realität der Unterschicht vollkommen aus.
Auch die Bewegung Defund the Police, die nach dem Totschlag von George Floyd durch zwei Polizisten im Jahr 2020 in den USA aufkam, ist in ihrem Kern eine Luxusansicht: Defund the Police fordert prinzipiell, finanzielle Mittel für die Polizei zu reduzieren in dem Versuch, rassistisch motivierte Polizeigewalt und Ungleichbehandlung zu verringern, vor allem gegen Afroamerikaner. Diese sind es tatsächlich jedoch nicht, die die Bewegung maßgeblich unterstützen. Es sind vielmehr weiße und asiatisch-stämmige Amerikaner, und vor allem jene unter ihnen, die gut situiert und gebildet sind, die nach der Abschaffung der Polizei rufen. Klar: Wer im gut gesicherten Einfamilienhaus in einer netten Nachbarschaft wohnt, der kann leicht von Defund the Police sprechen; wer aber womöglich in einer heruntergekommenen Einzimmerwohnung im gefährlichen Drogenviertel lebt, der ist froh um jeden Polizisten, der für ein bisschen Sicherheit sorgt. Alltagskriminalität betrifft in den USA statistisch gesehen Afroamerikaner mit niedrigem Einkommen am meisten und am härtesten, sodass diese letztlich am ehesten unter einer reduzierten Polizeipräsenz leiden würden.
Hat man einmal das Konzept der Luxury Beliefs verstanden, beginnt man es plötzlich überall zu sehen: Grüne Klimaapostel, die gegen Atomkraft und Autofahren wettern, aber selbst am wenigsten von Strom- und Benzinpreissteigerungen betroffen sind; pharisäische Moralprediger von Lockdown-Maßnahmen und Maskenpflicht, die alle bequem im Home Office arbeiten können, während Menschen aus der Unterschicht in engen Wohnungen aufeinander sitzen und acht Stunden am Tag auf der Arbeit Maske tragen müssen; Gender-Aktivisten, die das Selbstbestimmungsgesetz befürworten, während eine der schwächsten Gruppen der Gesellschaft – Insassinnen in Frauengefängnissen – im Namen von „Transrechten“ damit klarkommen muss, dass sie sich demnächst mit trans-identen Sexualstraftätern womöglich eine Zelle teilen müssen.
Ähnlich wie es früher Luxusgüter waren, sind Luxusansichten also dazu da, Überlegenheit zu signalisieren, somit an Status zu gewinnen, und sich von Personen, die man sowohl sozial, finanziell als auch moralisch als „minderwertiger“ ansieht, abzugrenzen. Das heißt nicht, dass diese Personen von ihrer Luxusansicht nicht auch wirklich überzeugt sind, ganz im Gegenteil: Jemand der fürs Klima demonstriert, tut dies natürlich aus Überzeugung; jemand, der für die Maskenpflicht wirbt, auch. In der Tat geht es hier vor allem auch um Selbstgerechtigkeit, denn Menschen tendieren dazu, ihre Luxusansicht für die einzige valide Ansicht zu halten und alle anderen zu Sündigen zu erklären. Aus diesem Grund sind viele Debatten mittlerweile so extrem moralisch aufgeladen: Man will auf keinen Fall zum „niederen Volk“ gehören. Also kauft man sich den Elektrowagen und trägt FFP2-Maske, während man dem niederen Volk „Du fährst einen Diesel!“ und „Du bist Maskenverweigerer!“ vorwirft. Während die Mittel- und Oberschicht also mit Luxusansichten an Sozialstatus gewinnt, ist es besonders die Unterschicht, die von etwaigen Nachteilen dieser Überzeugungen betroffen ist. Die jeweiligen Schichten leben in ihrer eigenen Blase: Gut situierte Leute ignorieren oder beschönigen oft gerne die Realität, weil sie selbst keine Konsequenzen fürchten müssen; sozial schwächer gestellte wissen hingegen um die Realität, da sie diese am eigenen Körper spüren.
Es erscheint mir interessant, bestimmte gesellschaftliche Themen unter der Lupe dieser Luxury Beliefs ein wenig genauer zu betrachten. Ein solches Thema ist die Migrationsproblematik in Deutschland und die Luxusansicht, dass diese nicht existiere.
Der Anlass zur Thematisierung der Migrationsdebatte sind die Geschehnisse in Berlin in der Silvesternacht zum Jahr 2023, wo es zu Ausschreitungen bisher nie dagewesenen Ausmaßes kam. In heftigen Szenen wurde auf den Straßen randaliert, Feuerwerkskörper wurden in Fahrzeuge und Passanten geschossen, Polizei und Feuerwehr im Einsatz mit Böllern und Raketen angegriffen. Laut Achtung, Reichelt! rückten „Polizei und Feuerwehr […] 4000 mal aus, 15 Feuerwehrleute und 18 Polizisten wurden verletzt.“ Insgesamt wurden 145 Menschen festgenommen, davon jeder fünfte minderjährig, die überwältigende Mehrheit Männer, mit insgesamt 18 verschiedenen Nationalitäten.
Seit Anfang des Jahres stellt sich das Land nun die Frage nach dem Grund für diese massive Gewalteskalation. Wer oder was hat Schuld? Eine Frage, die in Deutschland eine ganz besonders heikle ist, denn sieht man sich die zahlreichen Videoaufnahmen an und hört den Zeugenberichten zu, dann ist der Grund sehr eindeutig. Ein Feuerwehrmann, der in besagter Nacht im Einsatz war, nahm dazu folgende Stellungnahme: „Ich nenne das Kind beim Namen: Die Leute, die hier auf uns geschmissen haben, diese ganzen Böller und Flaschen, das waren keine Links-Autonomen, die ein Problem mit dem System haben. Das waren junge Heranwachsende, größtenteils mit Migrationshintergrund. Und das sage ich selber, obwohl ich einen Migrationshintergrund habe! Mein ganzes Leben kämpfe ich schon gegen Vorurteile an. Aber was soll ich denn da noch sagen?“2
Das Kind beim Namen nennen, das ist etwas, das die meisten Politiker und Pressekanäle seit Silvester tunlichst zu vermeiden versuchen. Die Angst vor dem Rassismusvorwurf ist allgegenwärtig und wer Klartext spricht, so wie Achtung, Reichelt! etwa, wird sofort als rechtsradikal abgekanzelt. Die politisch-medialen Erklärungsversuche für die Silvester-Krawalle in der deutschen Hauptstadt grenzen derweil ans geradezu Satirische. In der Tagesschau stolperte Thomas Rostek so unbeholfen von einer Pseudo-Erklärung zur nächsten, dass man fast schon Mitleid mit ihm bekam. Es sei „schwierig“ von den Tätern zu sprechen. Stattdessen führte Rostek holprig und vage aus, dass „gruppendynamische Prozesse“ und ein „gesamtgesellschaftlich großer Druck […] anlässlich nach zwei Jahren Pandemie“ der Grund für die Krawalle gewesen seien, da man ja schließlich „an Pyrotechnik auch leicht rankommt.“ Dass man Feuerwerkskörper in Deutschland seit eh und je an den Tagen vor Silvester im Supermarkt erhält, unterschlägt er dabei natürlich.
Noch eine Schippe obendrauf lieferte Eva Quadbeck vom Redaktionsnetzwerk Deutschland. Diese behauptete allen Ernstes, dass Videospiele der Grund für die Randale in der Berliner Silvesternacht seien. Es säßen „vor allen Dingen junge Männer vor diesen Spielen und morden und jagen andere“, sodass es nur die logische Konsequenz sei, dass „teilweise nicht mehr die Realität gesehen wird, wenn man auf der Straße steht, und dann wahlweise gegen Polizisten oder Rettungskräfte vorgeht.“ Den Gipfel der Realsatire jedoch erreichte die Berichterstattung im Tagesspiegel, der wortwörtlich postulierte: „Es war warm, bis zu 18 Grad wurden Silvester in Berlin gemessen. Die hohen Temperaturen begünstigten vermutlich die Neigung zur Randale.“ Im Zweifelsfall ist also der Klimawandel schuld.
Aber auch die Strategie des Ablenkungsmanövers wurde von diversen deutschen Politikern verfolgt, allen voran von Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey, die nach den Randalen in der von ihr regierten Hauptstadt natürlich händeringend nach einer Möglichkeit suchte, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken. Wenige Tage nach den Silvester-Randalen echauffierte sie sich über angebliche rechtsradikale Neujahrskrawalle im sächsischen Borna. 200 Neo-Nazis hätten in der Kleinstadt randaliert und teilweise sogar „Sieg Heil“ gerufen. Doch wenige Tage später stellte sich heraus: Diese rechtsradikalen Ausschreitungen hat es nie gegeben. Die Meldung basierte auf Gerüchten, wie die politisch links ausgerichtete ZEIT es bestätigte.
Zu guter Letzt bediente sich der Deutschlandfunk der Relativierungstaktik und veröffentlichte unter Berufung auf den Tagesspiegel einen Artikel, indem die Gewalt der Silvesterkrawalle als „weniger gravierend als bisher dargestellt“ beschrieben und dementsprechend komplett heruntergespielt wurde. Angeblich habe sich „die Gewaltbereitschaft zu Silvester in einem ähnlichen Maß wie vor der Pandemie bewegt“. Ein Vergleich der Tagesschau vom 1. Januar 2003 und 2023 zeigt, dass diese Behauptung bestenfalls weit hergeholt ist. Auch Aussagen der Polizeibeamten lassen große Zweifel daran aufkommen.
Dieser Überblick über die Medienberichterstattung soll zeigen, was in Deutschland symptomatisch passiert, wenn es um die Einwanderungsdebatte geht: Es wird um den heißen Brei geredet, es wird fabuliert, es wird relativiert, es wird beschönigt, es wird allem und allen die Schuld gegeben – außer der verfehlten Migrations- und Integrationspolitik. Die Migrationsdebatte ist zum Anathema geworden. Wer behauptet, dass es Probleme bei der Integration vor allem junger männlicher Einwanderer gibt, der wird zum Rechtspopulisten, Rassisten oder, noch schlimmer, zum Neo-Nazi deklariert. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, sagte wortwörtlich, es sei in Deutschland nicht möglich, „solche Themen zu diskutieren, ohne dabei rassistische Ressentiments zu bedienen“. Der Rassismusvorwurf steht also stets im Raum, schon die leiseste Kritik am Migrationsgeschehen kann dazu führen, dass man exkommuniziert wird. Und so herrscht eine vorsätzliche Ignoranz in den Medien und dem Großteil der Gesellschaft, die lieber den Klimawandel als Grund für die Gewalt vorschieben, anstatt den Tatsachen ins Auge zu blicken.
Ich möchte behaupten, dass diese vorsätzliche Ignoranz gegenüber der Einwanderungsproblematik, vor allem unter Mitgliedern der oberen Mittel- und Oberschicht und vor allem unter der Gruppe der moralisierendern Akademiker und Intellektuellen, nichts anderes als eine Luxusansicht ist. Man ignoriert ein Problem, um seine moralische Blase aufrecht zu erhalten. Es ist ein klares Signalisieren von moralischer Überlegenheit („Ich bin kein Rassist, ihr anderen alle aber schon!“), mit der Status gewonnen wird und mit der man sich von andersdenkenden Menschen unter allen Umständen abgrenzen will. Andersdenkende werden in diesem Fall natürlich alle als Vollblut-Rassisten wahrgenommen, denn im manichäischen Denken unserer heutigen Zeit gibt es nur entweder den Rassisten oder den Nicht-Rassisten. Und natürlich will keiner Verdacht laufen, Rassist zu sein. Vor allem nicht – und das kommt bei dieser ganz besonderen Debatte noch hinzu – in Deutschland, wo die historische Kollektivschuld auch über 80 Jahre später noch erdrückend ist. Die Angst vor dem Rassismusvorwurf ist allgegenwärtig. Sie unterfüttert zusätzlich die Überzeugung, dass es kein Migrationsproblem in Deutschland gebe und dass alle toll integriert seien, denn jegliche andere Denkungsweise wäre ja rassistisch.
Doch diese Luxusansicht – oder Luxusignoranz – kann sich nur die sozioökonomische (und natürlich politische) Elite leisten, die nicht in Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh oder der Dortmunder Nordstadt wohnt, wo die Clan- und Straßenkriminalität durch bestimmte Einwandererfamilien teilweise so hoch ist, dass die Polizei dort keinen Fuß mehr fassen kann und Frauen nachts nicht sicher allein nach Hause gehen können. Eine Elite, die noch nie in einem Klassenzimmer in einer Brennpunktschule mit 90 Prozent Migrationsanteil stand, wo es zu wenig Personal und Ressourcen gibt, wo verbale Gewalt an der Tagesordnung steht und wo Lehrer es mit Kindern zu tun haben, von denen über die Hälfte kein Deutsch spricht, deren Eltern sich nicht kümmern und die ihnen keinen Respekt entgegenbringen.3 Eine Elite, deren Auto nicht im Berliner Zentrum an Silvester abgefackelt wurde, weil es in der Garage im Vorort steht, und die im warmen Wohnzimmer den kaltgestellten Sekt trinkt, während Rettungskräfte auf der Straße Kopf und Kragen riskieren.
Die Luxusansicht, die hier postuliert werden soll, ist also folgende: Es ist die naive Überzeugung gewisser gut situierter Mittelstandsbürger, dass es kein Migrationsproblem in Deutschland gibt, denn dieses Problem darf in seiner Blase nicht existieren. Treten solche Probleme dann doch mal zutage, wie an Silvester 2022, dann wird dafür eine plausible Erklärung gesucht, die aber nichts mit Migration zu tun hat. Denn der Mittelstandsbürger möchte zeigen, dass er tugendhaft, weltoffen und unter keinen Umständen ausländerfeindlich ist. Er verurteilt daher alle, die mögliche Integrationsprobleme auch nur ansprechen, aufs Schärfste, um sich doppelt abzusichern, als Nicht-Rassist zu gelten, und sich von allen potenziellen Rassisten abzugrenzen. Dies funktioniert am besten, indem man eben diesen Menschen Rassismus vorwirft. Ein gutes Beispiel dafür ist Mainzer „Stadträt*in“ Maurice Conrad, der die Mitglieder einer Demonstration gegen den Bau eines Asylantenheims sofort als „offene Rechtsextreme“ abstempelte, anstatt sich zu fragen, ob nach Geschehnissen wie denen in Illerkirchberg diese Sorge vielleicht nicht ganz unberechtigt ist. Oder auch Robert Fietzke, Vorsitzender der Magdeburger Linken, der lamentiert, dass „der Rassismus in diesem Land aus jeder Ritze“ krieche:
Es wird sich zeigen, wie lange wir uns diese Luxusansicht und die damit verbundene Realitätsverweigerung noch leisten können. Ein weiterer Aspekt ist nämlich, dass die Fietzkes und Conrads dieses Landes nicht nur in einer Echokammer leben, sondern auch Scheuklappen aufhaben und nur auf das Geschehen in Deutschland blicken. Sie sind sich wohl nicht im Klaren darüber, dass andere europäische Länder ebenfalls massive Probleme mit Ausschreitungen haben, die stets von einer bestimmten, männlichen, migrantischen Klientel initiiert werden: Man erinnere sich an die Randale nordafrikanischer Jugendlicher in Peschiera del Garda in Italien, an die heftigen Krawalle marokkanischer Fussball-Fans in Brüssel, an ähnliche Bilder brennender Autos in Paris, oder zerstörerische junge Migranten bei den Stadtfesten in Barcelona im vergangenen Jahr, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Kriecht der Rassismus also auch in den europäischen Nachbarländern aus jeder Ritze? Oder ist es vielmehr ein sehr komplexes soziopolitisches und kulturelles Problem vor dem wir stehen, welches eine bedachte, konsequente und mutige Migrations- und Integrationspolitik erfordert, die ihre naiven Luxusansichten über Bord wirft und sich stattdessen darum bemüht, einerseits Einwanderer besser in unsere Gesellschaft zu integrieren und andererseits die demokratischen Grundwerte eben jener zu verteidigen?
Die Migrationsdebatte muss geführt werden und sie muss geführt werden, ohne dass bestimmte Diskurse im Keim erstickt werden und man für das bloße Konstatieren von Tatsachen mit der Rassismuskeule mundtot gemacht wird.4 Fakten zu konstatieren ist kein Rassismus. Wenn wir nicht konstatieren, wenn wir nicht diskutieren, wenn wir an der Luxusansicht „Es gibt keine Integrationsprobleme!“ festhalten, dann wird genau das Gegenteil von dem passieren, was alle vermeiden wollen: Es wird mehr Unmut geben und somit mehr Rassismus – und zwar auf allen Seiten. Denn der Durchschnittsbürger, der sich diese Zurschaustellung der Tugendhaftigkeit nicht leisten kann, dessen Auto vielleicht in Brand gesteckt, dessen Hilfsbereitschaft ausgenutzt, oder dessen Tochter erstochen wurde, so wie in Illerkirchberg geschehen, der wird ignoriert. Seine Sorgen werden nicht gesehen und er wird von Staat und Gesellschaft im Stich gelassen. Und das ist der Punkt, an dem er radikalisiert wird. Wie Reinhard Müller es in einem Kommentar für die FAZ ausdrückte: „Alltagsrassismus wird auch durch politisches Wegsehen geschürt.“. Wegsehen ist jedoch ist ein Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können, wenn es wirklich um das Wohl der Gesamtbevölkerung gehen soll, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund.
Über die Autorin: Jahrgang 1987, mit Wurzeln in Deutschland und den Philippinen, in Spanien ansässig. Konstante Neugier und Wissbegierde. Freiheit > Sicherheit. Sich selbst eine Meinung bilden > Gruppendenken. Kaffee > Tee. Essay-Empfehlung zum Thema: „Ahmad Mansour antwortet Behzad K. Khani: ‚Die Gewalt darf nicht beschönigt werden’”, veröffentlicht in der Berliner Zeitung am 17. Januar 2023.
The English version of the article can be found here:
„Luxury beliefs are ideas and opinions that confer status on the upper class, while often inflicting costs on the lower classes.”
Derselbe Feuerwehrmann kam übrigens auch in den Tagesthemen auf ARD zu Wort: Hier jedoch wurde seine Anmerkung „größtenteils mit Migrationshintergrund“ einfach herausgeschnitten.
Jan Fleischhauer hat zur Situation an Schulen eine sehr lesenswerte Kolumne im Focus geschrieben: „‚Kleine Paschas‘: Große Teile der Medien blenden die Realität einfach aus“
Bestes Beispiel ist Ahmad Mansour, dem als deutscher Extremismusexperte mit arabisch-israelischem Hintergrund absurderweise vorgeworfen wird, er unterstütze den Rechtsradikalismus. Er sagte es in einem Interview mal hervorragend: „Es kann nicht sein, dass wir immer wieder Diskurse komplett ablehnen!“