„Menschen mit Vulva“ oder: Wie das Wort „Frau“ aus dem Diskurs entfernt wird
Laut Sprachpolizei soll man lieber von „Menschen mit Vulva/Vagina“ sprechen anstatt von „Frauen“, selbst wenn es um das Thema der weiblichen Genitalverstümmelung geht.
Ein Kommentar zu einem Tweet des pro familia Bundesverbands (veröffentlicht auf Twitter am 6. Februar 2023)
Was ist eine Frau?
Diese vermeintlich unscheinbare Frage ist in den letzten Jahren zu einer wahrhaftigen Problematik mutiert, ja zu einer regelrechten Polemik, die bis vor kurzem undenkbar gewesen wäre. Irgendwo zwischen der kontinuierlichen Indoktrination von Schulen und Universitäten mit anti-wissenschaftlicher Gender-Ideologie, der unermüdlichen LGBTQ-Propaganda-Maschine auf sozialen Medien, der generellen Radikalisierung von aktivistischen Bewegungen, und vor allem dem Verlust des nuancierten Denkens, ist der Begriff der „Frau“ zu Grunde gerichtet worden.
Was im englischsprachigen Raum mit dem recht martialischen Begriff culture wars („Kulturkampf“) bezeichnet wird, ist in der Tat ein ideologischer Krieg der Gesellschaft gegen sich selbst. Die Definition des Begriffs „Frau“ ist zu einem Schlachtfeld geworden, wo dieser Kulturkampf ausgetragen wird: Auf der einen Seite kämpfen diejenigen, für die die biologische Realität das Fundament ihres Denkens und Tuns darstellt. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die die biologische Realität mit aller Macht auseinanderreißen und negieren wollen, um an ihrer Stelle ihre eigenen, ideologisch geprägten Vorstellungen der Realität durchzusetzen.
Im #TeamRealität steht prominent an vorderster Front „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling, die für ihre Ansicht, dass Frauenrechte auf biologischen Merkmalen basieren müssen, in den Medien aufs Übelste diffamiert und angeprangert wurde. Die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie ereilte ein ähnliches Schicksal, weil sie klarstellte, dass „Transfrauen Transfrauen“ sind und keine Frauen. Rowling und Adichie sind berühmte Beispiele für die Art von Anfeindungen, mit denen man heutzutage rechnen muss, wenn man – um es mit Orwells Worten auszudrücken – behauptet, dass 2+2=4 ist. Für das Konstatieren von biologischen Tatsachen wie „Transfrauen sind keine Frauen“ zahlt man heutzutage mitunter einen hohen Preis. In Deutschland ist Biologin Marie-Luise Vollbrecht der Berliner Humboldt-Universität Zielschiebe von Trans-Aktivisten geworden, weil sie über Zweigeschlechtlichkeit referieren wollte. Im schottischen Dundee wurde von der Abertay University ein Disziplinarverfahren gegen die Jurastudentin Lisa Keogh eingeleitet, weil sie behauptete, dass „Frauen Vaginas haben“ und „nicht so stark wie Männer sind“. Ein 16-jähriger kanadischer Teenager namens Josh Alexander wurde kürzlich verhaftet, weil er infrage stellt, dass Männer zu Frauen werden können und umgekehrt, und er sich dagegen ausspricht, dass „Trans-Mädchen“ (Jungen, die sich als Mädchen identifizieren) auf die Mädchentoilette gehen. Er gilt als „transphob“. Diese Fälle sind nur die Spitze eines riesigen Eisbergs von Einschüchterungen, Gerichtsverfahren und Verhaftungen, die das schiere Ausmaß verdeutlichen, den dieser Kulturkampf mittlerweile angenommen hat.
Denn auf der anderen Seite stehen sehr mächtige Akteure, die mit geschickter Wortklauberei im Namen eines selbstgerechten Kampfes um angebliche Gleichstellung und Toleranz dafür sorgen, dass der Begriff „Frau“ nicht nur verwässert wird, sondern jegliche Bedeutung verliert und letztlich sogar aus dem Diskurs entfernt wird. Jura-Professorin Khiara M. Bridges der UC Berkeley School of Law sprach vor einem Senatsausschuss zum Thema Abtreibung von „Personen mit der Fähigkeit zur Schwangerschaft“ („people with a capacity for pregnancy“). Die schottische Premierministerin Nicola Sturgeon, die sich aktuell aufgrund des von ihr verabschiedeten Gender Recognition Reform Bills mit massiver Kritik konfrontiert sieht, da dieser unter anderem biologischen Männern Zugang zu Frauengefängnissen ermöglicht, kann sich nicht einmal während eines einminütigen Interviews festlegen, wer nun eine Frau ist und wer nicht. Und die Abteilung für Frauenrechte der United Nations, UN Women, sagt uns: „Alle LGBTIQ+ Frauen sind Frauen.“ In anderen Worten also: „Transfrauen“ sind Frauen. Oder noch konkreter: Biologische Männer sind Frauen. 2+2=5.

Völlig absurd wird es, wenn der Begriff der „Frau“ in entscheidenden biologischen Fragen ideologisch aufgeladen wird und somit jegliche Bedeutung verliert. So geschehen in geschmackloser Art und Weise am 6. Februar, dem Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Der pro familia Bundesverband postete zu diesem Anlass einen Tweet, in dem es heißt: „Es handelt sich bei FGM_C um eine massive Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen.“ Und weiter auf dem dazu geposteten Bild: „Circa 100.000 von Genitalverstümmelung betroffene Mädchen und Frauen leben aktuell in Deutschland.“ Dieser – akkurate – Tweet wurde am 6. Februar 2023 um 16:16 Uhr gepostet. Rund 20 Stunden – und wahrscheinlich einen großen Shitstorm hinter den Kulissen – später, erschien plötzlich eine „Entschuldigung“ für diesen Tweet mit folgendem Wortlaut: „Die Formulierung im Sharepic ist tatsächlich falsch und müsste heißen: Menschen mit Vulva/Vagina. Das tut uns Leid. Die Formulierung Frauen/Mädchen möchten wir in diesem Kontext jedoch nicht verwenden, da es Personen mit Vulva/Vagina gibt, die sich nicht als Frau identifizieren.“

Man muss hier wirklich kurz innehalten, um die eklatante Abwegigkeit dieser Aussage zu verinnerlichen: Der pro familia Bundesverband möchte im Kontext der weiblichen Genitalverstümmelung die Formulierung „Frauen/Mädchen“ vermeiden. Die Opfer werden nun als „Personen mit Vulva/Vagina“ bezeichnet, weil es Personen mit Vulva/Vagina gebe, die sich nicht als Frau identifizieren. Doch was ist eine Frau, wenn nicht eine Person mit Vulva/Vagina? Die Antwort darauf ist natürlich, ganz nach dem üblichen ideologischen Zirkelbeweis: eine Person, die sich als Frau identifiziert.
Indem – besonders in diesem Kontext – das Wort „Frau“ bzw. „Mädchen“ aus dem Diskurs entfernt wird, werden die spezifisch weiblichen Opfer dieser spezifisch gegen Frauen und Mädchen eingesetzten Praxis unsichtbar gemacht. Der Zweck der FGM ist die Kontrolle weiblicher Sexualität und Reproduktion – die Opfer sind ausschließlich Frauen und ihr Frausein ist der Grund, warum sie zu Opfern gemacht werden. Diese Frauen auf ihre (verstümmelten!) Reproduktionsorgane zu reduzieren, ist komplett entwürdigend. Und die potentielle Beleidigung von „Personen mit Vulva/Vagina, die sich nicht als Frau identifizieren“ in einem Atemzug mit weiblicher Genitalverstümmelung zu thematisieren, als ob das Leid einer Genitalverstümmelung mit dem Gebrauch eines „falschen Begriffs“ (Frau!) zu vergleichen ist, zeugt von ignoranter Heuchelei. Denn könnten sich die Mädchen und Frauen in Ländern wie Somalia, Ägypten oder Mali dieser grausamen Praxis dadurch entziehen, dass sie sich einfach „nicht als Frau identifizieren“, würden sie das sicher in Windeseile tun. Stattdessen wurde ihnen ein entscheidender Teil eben dieser weiblichen Identität auf brutale Art und Weise genommen, indem ihre Genitalien zerstört wurden.
Die Reduzierung der Frau auf ihre reproduktiven Einzelteile ist bereits seit eigener Zeit zu beobachten und sie beginnt, wie so oft, mit der Sprache. Sprache ist das Fundament unseres Denkens und unserer Wahrnehmung, und genau deshalb sind Definitionskämpfe wie derjenige um das Wort „Frau“ so essenziell. Der genannte Ausdruck „Menschen mit Vulva/Vagina“ steht neben solchen Auswüchsen wie „Menschen mit Uterus“, „Gebärende“ oder „Menstruierende“, die alle peu à peu Eintritt in die deutsche Sprache gefunden haben. Paradoxerweise werden Frauen also auf ihre Geschlechtsteile und deren Funktionen reduziert, während diese Bezeichnungen aber gleichzeitig nicht mehr ausschließlich für Frauen hergenommen werden dürfen.1 Es wird suggeriert, dass Männer Kinder gebären könnten oder menstruieren würden2, bzw. dass Frauen nicht grundsätzlich eine Gebärmutter und Eierstöcke hätten (außer natürlich nach operativen Eingriffen, die sie aber nicht weniger zur Frau machen). So verschwindet das Wort „Frau“ und mit ihm Wörter wie Mädchen, Mutter oder Tochter aus dem medialen Sprachgebrauch. Wir sind dabei, Frauen aus der Semantik unserer Sprache zu löschen.
Ayaan Hirsi Ali schrieb in ihrem hervorragenden UnHerd-Essay „The Year the West Erased Women“ dazu, dass „diejenigen, die das Wort ‚Frau‘ von seiner biologischen Bedeutung trennen, ihre Ideen oft als harmlos darstellen. Sie seien, so sagt man uns, schlichtweg Verfechter der ‚Inklusion‘. Doch ihre Ideologie ist bei weitem nicht unumstritten und sich ihr zu ergeben, ist nicht harmlos.“3 In der Tat ist der Kulturkampf, der aktuell in der westlichen Welt um die Definition des Begriffs „Frau“ ausgetragen wird, alles andere als harmlos. Er steht tatsächlich für eine größere Kernfrage, deren Antwort die philosophische und moralische Grundrichtung des 21. Jahrhunderts entscheidend prägen wird: Werden wir unsere Gesellschaft und mit ihr unsere Werte, unsere Gesetze und unsere Wissenschaft, einer Ideologie unterwerfen, die es von uns verlangt, die „Erkenntnis unserer Augen und Ohren“, wie Orwell es ausdrückt, zu leugnen? Oder werden wir uns dieser anti-aufklärerischen Strömung widersetzen und uns für die Realität entscheiden – für eine Realität, in der Frau und Mann als weibliche und männliche Vertreter der Menschheitsspezies existieren, ohne dass man darüber auch nur eine Sekunde nachdenken muss?
Ich zumindest weigere mich strikt, von „Menschen mit Vagina“ oder „Menstruierenden“ zu sprechen. Wer sich der Sprachpolizei unterwirft, die allen Ernstes verlangt, das Wort „Frau“ aus dem Diskurs zu löschen, weil es eine kleine Gruppe von Leuten gibt, die die grundlegende Realität der Zweigeschlechtlichkeit nicht verkraften und von „Transphobie“ und „Hassrede“ schwadronieren, wenn man das Wort „Frau“ auch nur in den Mund nimmt, der unterstützt den ideologischen und unwissenschaftlichen Irrsinn des woken Mobs. Schluss damit. Sagen wir das Wort – und alle Wörter, die mit ihm verbunden sind: Mutter, Tochter, Mädchen, Mann, Vater, Sohn, Junge – laut und deutlich und immer wieder: Frau. Frau! FRAU!
Über die Autorin: Jahrgang 1987, mit Wurzeln in Deutschland und den Philippinen, in Spanien ansässig. Konstante Neugier und Wissbegierde. Freiheit > Sicherheit. Sich selbst eine Meinung bilden > Gruppendenken. Kaffee > Tee. Podcast-Empfehlung: What’s Causing the Trans Explosion? | Triggernometry & Helen Joyce.
The English version of the article can be found here:
Man muss hier unweigerlich an Ricky Gervais’ politisch inkorrekten und deswegen extrem lustigen Sketch „New Women“ aus seinem Segment SuperNature denken.
Aushängeschild für Männer, die sich als menstruierende Mädchen identifizieren, ist Dylan Mulvaney, der sogar Tampons bei sich trägt, für den Fall der Fälle.
“Those who would divorce ‘woman’ from its biological implications often present their ideas as innocuous. They are, we are told, simply champions of ‘inclusion’. But their ideology is hardly uncontroversial, and surrendering to it is not harmless.”